Zeitreise 50 Jahre zurück

Ich stehe vor dem Haus und bekomme Skrupel. Soll ich wirklich klingeln? Wenn sich die Tür öffnet, muss ich einer wildfremden Person erklären, dass ich rein möchte, weil hier vor 50 Jahren mein Großvater Gustav gewohnt hat. Würden Sie, liebe Leser, mich mit dieser Begründung hereinbitten?

Ich habe Glück, Christa Buse drückt den Türöffner. Seit 58 Jahren wohnt die nette Dame ganz oben unter dem Dach, also genau neben der Wohnung, in der einst mein Oppa gewohnt hat. Zu ihrem großen Bedauern, muss sie nun ausziehen. Das Haus soll abgerissen werden. Daher ist sie aktuell sehr damit beschäftigt, alle ihre Sachen in Kartons zu verpacken. Sie ist die letzte verbliebene Bewohnerin des großen Hauses und damit die letzte Zeugin dieses Ortes, mit dem ich bedeutsame und aufregende Kindheitserinnerungen verbinde. Bedeutsam: Als ich neun Jahre alt war, schenkte mir Oppa Gustav ein Notizbuch und erklärte mir, dass ich es als Tagebuch benutzen solle. Selbstverständlich habe ich das sofort gemacht und besitze das Buch noch heute. Es enthält ein gereimte Widmung vom Oppa an mich. Aufregend: Am Samstag, den 17. September 1966 habe ich in dieser Wohnung die erste Folge „Raumpatrouille Orion“ gesehen. Fast auf den Tag genau ist das jetzt 50 Jahre her. Aus Anlass dieses Jubiläums hat die Post am 1. September eine Sonderbriefmarke herausgebracht. Seltsam, dass auf der Marke mein Oppa nicht zu sehen ist.

Liebe Frau Buse, ich danke Ihnen sehr, dass Sie zweimal so viel Zeit für mich hatten, um mir von Ihren Erinnerungen zu erzählen, über das Haus, aber auch aus Ihrem Leben. Es hat mir viel bedeutet.


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