Wenn das Lebenslicht verglimmt

Der Zufall ist mein Freund, er hat dafür gesorgt, dass ich mit Brigitte Mondrik über Herne plaudern darf. Die agile Dame kennt sich hier aus. Als ich sie frage, welche Herner Sehenswürdigkeit ich mir nicht entgehen lassen sollte, antwortet sie pfeilschnell: „Unser Hospiz natürlich.“ Schon seit zehn Jahren arbeitet sie dort ehrenamtlich, und ihre Begeisterung für das Hospiz hilft mir, meine anfängliche Scheu zu überwinden. So kommt es also, dass ich nun vor der Tür des Lukas-Hospiz‘ stehe. Einmal lautlos durchatmen – und dann rein. Freundlich empfängt mich Anneli Wallbaum (Foto oben). Die Leiterin des Hauses überrascht mich mit der Auskunft, dass auch sie aus meinem Dinslaken stammt: „Ich bin eine Bergmannstochter aus Lohberg.“ Wegen der Arbeit ist sie vor Jahren nach Herne ausgewandert und hat’s nicht gereut. „Hier lebt ein friedlicher Menschenschlag“, lobt sie die Stadt.

Idee und Konzept des Lukas-Hospiz’ schildert sie mir mit sichtbarer Überzeugung. Auch erklärt sie mir die Finanzierung, den Personalschlüssel sowie die Anzahl der Gäste. Ja, Gäste, denn die Menschen, die hier den letzten Abschnitt ihres Lebens vollenden, sind keine Patienten, sondern Gäste. Ein wichtiges Detail. 200 Gäste pro Jahr bei 10 Zimmern – das lässt die Verweildauer erahnen. Hell und geräumig ist der Innenbereich, gastlich das Wohnzimmer und funktional die Küche. „Normalität ist hier wichtig“, erklärt Anneli Wallbaum, „denn Ausnahmesituationen haben viele unserer Gäste genug erlebt, wenn sie nach langer Krankheit zu uns kommen.“ Plötzlich werden wir unterbrochen. Ein Mann kommt herbei geeilt: „Können Sie mal kommen? Ich glaube, meine Frau atmet nicht mehr.“ Still verharre ich. Als Anneli Wallbaum schließlich zurückkehrt, erfahre ich, dass ein Licht entzündet wird, wenn ein Verstorbener im Haus ist. Der Raum, in dem die verstorbene Person liegt, gehört den Angehörigen so lang sie wollen. Abschied nehmen ist ein sehr individuelles Ereignis. Schön, dass hier niemand gedrängt wird, sich damit zu beeilen. Nachdem ich das gastliche Hospiz verlassen habe, begegne ich einer Katze. Ich berichte ihr, was ich gerade erlebt habe. Die Katze überlegt einen Moment, dann schlägt sie mir vor, gemeinsam eine Weile zu schweigen.

—> Lukas-Hospiz, Jean-Vogel-Straße 43, 44625 Herne


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