Abschied von der Kohle
Große Abschiedsparty auf dem alten Zechengelände in Lohberg. Für mich als Dinslakener Junge war der Stadtteil Lohberg immer identisch mit der Zeche. Als sie 2005 geschlossen wurde, war das für mich inakzeptabel. Und nun wird auch die letzte Zeche im Ruhrgebiet geschlossen. Daher findet jetzt eine große Abschiedsfeier statt, und zwar an fünf Bergbauorten gleichzeitig. In Lohberg, Essen, Hamm, Ibbenbüren und in Bottrop, dort steht das letzte aktive Bergwerk des Ruhrgebiets, die Zeche Prosper-Haniel.
Der Auftritt des Gesangsvereins Concordia beeindruckt alle. Er besteht aus traditionsbewussten Bergmännern, die natürlich die Hymne „Glück auf, der Steiger kommt“ anstimmen. Aber als die Männer mit aller Hingabe „In meinem Revier“ singen, da wird manches Auge feucht. Bisher kannten wir das Lied nur von Marius Müller-Westernhagen. Doch in dieser Version (und mit Zusatzstrophe) wird es real und ist überzeugend. Dann tritt Eraslan Kocabey (Foto oben) zum Interview auf die Bühne. Seit Jahrzehnten ist er aktiver Bergmann auf der Zeche Prosper-Haniel in Bottrop. Er sagt: „Der Beschluss zur allgemeinen Zechenschließung war eine Fehlentscheidung.“ Damit spricht er seinen Kollegen aus der Seele. Und er fügt an: „Hier liegt noch Kohle für vier Generationen Bergleute.“ Recht hat der kluge Mann. Anschließend sehen wir die Filmdokumentation „Der lange Abschied von der Kohle“. Mir gefällt, dass die Dokumentation an die Bergleute erinnert, die bei der gefährlichen Arbeit ihr Leben verloren haben. Auch die gesundheitlichen Gefahren nennt der Film. Ich habe sie noch erlebt, die Kumpels, die unter der Staublunge litten. Als Kind hat mich ihr Keuchen sehr erschrocken. Viele dieser Bergleute oder deren Witwen mussten darum kämpfen, das Leiden als Berufskrankheit anerkannt zu bekommen.
Zahlreiche gute Gespräche kann ich führen. Fast fühle ich mich wie bei einem prima Klassentreffen. Manche fallen gleich ins Du. Viele sind ehemalige Bergmänner. Einige wenige sind noch aktiv dabei. Wie Egon Klinkenbuß. Der sympathische Mann ist stellvertretender Wehrführer der Zentralen Grubenwehr mit Sitz in Herne. Zum Abschluss schallt eine sehr gelungene Rockversion von „Glück auf, der Steiger kommt“ durch Lohberg. Die Jungs wissen, wovon sie singen: drei der fünf Bandmitglieder waren selbst Bergmänner. Ihre Mucke ist astrein, aber ich habe – wie peinlich – keine Ahnung, wie sie sich als Band nennen. Insgesamt war das ein Abend mit vielen Gesprächen und Bildern, die noch lange in mir nachhallen.
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